Berrel Kräutler Architekten Berrel Kräutler Architekten

«Kill your darlings!»

Wir führen eine schonungslose Aus­einan­der­setzung mit den Ideen, in die wir uns ver­liebt haben. Es ist unser Job, dass wir aus­schlies­slich die besten überleben und gebaute Reali­tät werden lassen. 

Wie begann eure Zusam­men­arbeit?

Im Herbst 1998 — mit dem Entwurf einer Brücke an unserem aller­ersten Tag als Studen­ten der ETH Zürich. Wir kamen beide direkt aus dem Aus­land und brachten dadurch ergänzende Einflüsse mit: Maurice aus Australien, wo er seinen Bachelor in Newcastle abgeschlossen hatte, Raphael von der TU Innsbruck.
Der Start ins Berufs­leben hat uns anfangs ziem­lich über­wältigt: Wenige Wochen nach dem Diplom gewan­nen wir die offenen, internationalen Wett­be­werbe für eine Mountain Lodge in den Sierra Nevada Mountains in Kalifornien und kurz darauf das Musée cantonal des Beaux-Arts in Lausanne, damals noch mit Charles Wülser. Beide Projekte wurden leider nie realisiert. 
2009 taten wir uns nach gemeinsam gewonnenen Wettbewerben mit Jürg Berrel zusam­men, dem Vater von Maurice. Als Berrel Berrel Kräutler konnten wir mehrere schöne Gebäude bauen, darunter ein Schul­haus in Vouvry, ein Feuer­wehr­maga­zin in Pratteln, die Erwei­terung des AHV-Gebäudes in Genf und den Umbau der St. Jakobshalle in Basel.
Seit einiger Zeit treten wir wieder ver­mehrt als Berrel Kräutler Archi­tek­ten in Erschei­nung.

Raphael Kräutler und Maurice Berrel
Raphael Kräutler und Maurice Berrel

Was treibt euch an und was sind eure Ziele? 

Als Überzeugungstäter glauben wir an den universellen Wert der Archi­tek­tur. Wir möchten mit unseren Gebäu­den einen Beitrag für eine bessere und schönere Welt liefern. Eine gute Por­tion Idealis­mus wird uns hoffent­lich nie abhan­den kom­men.

Welches sind die Grund­motive, zentra­len Kon­zepte oder Stil­rich­tungen, die euch begleiten?

Wir möchten uns weder auf eine starre Kate­gorie, Denk­weise noch einen Stil fest­legen und können uns für prak­tisch jede Bau­auf­gabe begeis­tern, sofern die Rahmen­be­din­gun­gen stim­men. Wir suchen nach Lösun­gen, die eine aus­ta­rierte Ant­wort auf die oft sehr widersprüchlichen Anfor­derungen von Bau­herr­schaft und Nutzer, Par­zelle, Geschichte, Kultur und der Gesell­schaft bildet. Uns interes­sieren räum­liche Erleb­nisse, Kontraste und über­raschende Ele­mente im und um das Gebäude. Obwohl wir gewisse The­men von Auf­gabe zu Auf­gabe weiter­ent­wickeln, wird wahr­schein­lich keines unserer Gebäude auf Anhieb als ‹Berrel Kräutler› erkannt werden.

Raum für Ideen an der Binzstrasse in Zürich
Raum für Ideen an der Binzstrasse in Zürich

Welche anderen Architek­ten werden als Inspi­ration herbei­ge­zo­gen? Oder wel­che Inputs ausser­halb der Archi­tektur beein­flussen euch?

Inspi­ra­tion kann fast immer und überall gefun­den werden, so lange der Geist offen und alle Sinne im Empfangs­modus bleiben. Es kann sein, dass wir nach einem erlebnis­rei­chen Wochen­ende, einem berüh­ren­den Film oder einer inspirierenden Aus­stel­lung mit einer ent­schei­den­den Idee für ein Projekt ins Büro kommen.

Wenn ihr ein Projekt frei nach euren Wün­schen ohne Budget-Limiten gestal­ten könntet, was würdet ihr entwerfen?

Uns interessiert weniger das ‹Was› als das ‹Wie› und ‹Warum›. Wir möch­ten keine Spezia­listen sein, sondern lieben es wenn wir uns immer etwas auf Neuland befin­den. Mit jeder neuen Nutzung - egal ob Feuer­wehr­station, Tank­stelle oder Museum - lernen wir eine neue aufregende Welt kennen.
Wir würden uns jedoch gerne ver­mehrt mit grundsätzlicheren Themen beschäftigen, los­gelöst von ein­zelnen Gebäuden, und uns auf einer über­geordneten Ebene mit den städte­bau­lichen und gesell­schaft­lichen Ent­wick­lungen auseinan­der­setzen.
Gleichzeitig macht es uns auch grosse Freude, zwischendurch den Blick vom Bildschirm zu nehmen und wieder mit eigenen Händen etwas zu erschaffen.

Teamwork
Teamwork

Ihr habt Projekte wie den UVEK Campus in Ittigen, die WHO in Genf oder die Orien­tie­rungs­schule in Vouvry aus­geführt und Wett­bewerbe für die Sport­anlage Weyermannshaus in Bern, das Musée Cantonale des Beaux-Arts in Lausanne oder die Schweizer Botschaft in Singapur gewonnen. Wie ent­steht ein solcher Entwurf?

Wir versuchen uns möglichst lange nicht in eine bestimmte Idee zu verlieben, sondern verfolgen bewusst sehr unter­schiedliche Ansätze. «Kill your darlings» ist für uns eine wichtige Methode. Dabei schliessen wir bewusst eine Lösung aus, an der wir emo­tional zu stark hängen, da diese die Gefahr birgt, dass wir gegenüber deren Nach­teilen blind werden.
Im Büro disku­tieren stets viele unserer Mit­ar­beiter mit, egal ob sie am Projekt betei­ligt sind oder nicht. Für uns zählt jede Mei­nung und wir fördern die Mit­sprache aller, weil viele unter­schied­liche Per­spek­tiven das Erge­bnis berei­chern und aus­ge­gli­chener gestalten.
Diese erste Entwurfsphase ist äus­serst arbeits­intensiv und für neue Mit­arbei­ter oft unge­wohnt anspruchs­voll, doch der Auf­wand zahlt sich ange­sichts unseres Erfolgs in Wett­be­wer­ben aus.
Am Ende blei­ben nur die besten Ideen übrig. Es ist schlies­slich auch unsere Verant­wortung als Archi­tek­ten, dass aus­schlies­slich die geeig­net­esten gebaut werden. 
Dass wir als junge Stu­denten die Mög­lich­keit bekamen, etwas weiter über den Teller­rand zu schauen und mehrere Jahre sehr unter­schied­liche und umfang­reiche Erfah­rungen im In- und Aus­land sammeln zu dürfen, verschaffte uns anfänglich womöglich einen gewissen Wett­bewerbs­vorteil.

Was sind die nächsten Schritte für Berrel Kräutler Architekten? An wel­chen neuen Projekten arbei­tet ihr?

Mit der WHO und dem UVEK Campus sind zwei Gross­projekte abge­schlos­sen, die in den letzten Jahren sehr viel Ener­gie absor­biert haben. Wir freuen uns auf eine etwas ruhi­gere Zeit und nutzen die Gelegen­heit, die Erfah­run­gen der letzten Jahre in Ruhe reflek­tieren zu können. In der Zwischen­zeit bear­beitet unser bunt gemischtes Team die laufen­den Projekte in Genf, Bern, Muttenz, Kreuzlingen und Singapur und wir freuen uns auf unwi­der­steh­liche zukünf­tige Aufgaben.

— Gespräch mit Adriana Ayala, Dezember 2020

Handarbeit und Technik
Handarbeit und Technik

Gründung/Rechtsform

2003 Berrel Wülser Kräutler Architekten, Zürich
2007 Berrel Kräutler Architekten GmbH, Zürich
2009 Berrel Berrel Kräutler AG, Basel/Zürich
2020 Berrel Kräutler Architekten AG, Zürich